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Weihnachtliches Märchen-Lese-Memory 1/4

Hier kommen die ersten sechs Karten des Märchen-Lese-Memorys für Euch.



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Falls ihr gerade nicht die Texte der 3 Märchen zur Hand habt, dann könnt ihr hier die Orginalversionen finden:


Der Froschkönig

Ein Märchen der Brüder Grimm


In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön; aber die jüngste war so schön, daß die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte, sooft sie ihr ins Gesicht schien. Nahe bei dem Schlosse des Königs lag ein großer dunkler Wald, und in dem Walde unter einer alten Linde war ein Brunnen; wenn nun der Tag recht heiß war, so ging das Königskind hinaus in den Wald und setzte sich an den Rand des kühlen Brunnens - und wenn sie Langeweile hatte, so nahm sie eine goldene Kugel, warf sie in die Höhe und fing sie wieder; und das war ihr liebstes Spielwerk. Nun trug es sich einmal zu, daß die goldene Kugel der Königstochter nicht in ihr Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug und geradezu ins Wasser hineinrollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, so tief, daß man keinen Grund sah. Da fing sie an zu weinen und weinte immer lauter und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu: "Was hast du vor, Königstochter, du schreist ja, daß sich ein Stein erbarmen möchte." Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken, häßlichen Kopf aus dem Wasser streckte. "Ach, du bist's, alter Wasserpatscher," sagte sie, "ich weine über meine goldene Kugel, die mir in den Brunnen hinabgefallen ist." - "Sei still und weine nicht," antwortete der Frosch, "ich kann wohl Rat schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?" - "Was du haben willst, lieber Frosch," sagte sie; "meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die ich trage." Der Frosch antwortete: "Deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine und deine goldene Krone, die mag ich nicht: aber wenn du mich liebhaben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldenen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinuntersteigen und dir die goldene Kugel wieder heraufholen." - "Ach ja," sagte sie, "ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst." Sie dachte aber: Was der einfältige Frosch schwätzt! Der sitzt im Wasser bei seinesgleichen und quakt und kann keines Menschen Geselle sein. Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab, und über ein Weilchen kam er wieder heraufgerudert, hatte die Kugel im Maul und warf sie ins Gras. Die Königstochter war voll Freude, als sie ihr schönes Spielwerk wieder erblickte, hob es auf und sprang damit fort. "Warte, warte," rief der Frosch, "nimm mich mit, ich kann nicht so laufen wie du!" Aber was half es ihm, daß er ihr sein Quak, Quak so laut nachschrie, als er konnte! Sie hörte nicht darauf, eilte nach Hause und hatte bald den armen Frosch vergessen, der wieder in seinen Brunnen hinabsteigen mußte. Am andern Tage, als sie mit dem König und allen Hofleuten sich zur Tafel gesetzt hatte und von ihrem goldenen Tellerlein aß, da kam, plitsch platsch, plitsch platsch, etwas die Marmortreppe heraufgekrochen, und als es oben angelangt war, klopfte es an die Tür und rief: "Königstochter, jüngste, mach mir auf!" Sie lief und wollte sehen, wer draußen wäre, als sie aber aufmachte, so saß der Frosch davor. Da warf sie die Tür hastig zu, setzte sich wieder an den Tisch, und es war ihr ganz angst. Der König sah wohl, daß ihr das Herz gewaltig klopfte, und sprach: "Mein Kind, was fürchtest du dich, steht etwa ein Riese vor der Tür und will dich holen?" - "Ach nein," antwortete sie, "es ist kein Riese, sondern ein garstiger Frosch." - "Was will der Frosch von dir?" - "Ach, lieber Vater, als ich gestern im Wald bei dem Brunnen saß und spielte, da fiel meine goldene Kugel ins Wasser. Und weil ich so weinte, hat sie der Frosch wieder heraufgeholt, und weil er es durchaus verlangte, so versprach ich ihm, er sollte mein Geselle werden; ich dachte aber nimmermehr, daß er aus seinem Wasser herauskönnte. Nun ist er draußen und will zu mir herein." Und schon klopfte es zum zweitenmal und rief:

"Königstochter, jüngste, Mach mir auf, Weißt du nicht, was gestern Du zu mir gesagt Bei dem kühlen Wasserbrunnen? Königstochter, jüngste, Mach mir auf!"

Da sagte der König: "Was du versprochen hast, das mußt du auch halten; geh nur und mach ihm auf." Sie ging und öffnete die Türe, da hüpfte der Frosch herein, ihr immer auf dem Fuße nach, bis zu ihrem Stuhl. Da saß er und rief: "Heb mich herauf zu dir." Sie zauderte, bis es endlich der König befahl. Als der Frosch erst auf dem Stuhl war, wollte er auf den Tisch, und als er da saß, sprach er: "Nun schieb mir dein goldenes Tellerlein näher, damit wir zusammen essen." Das tat sie zwar, aber man sah wohl, daß sie's nicht gerne tat. Der Frosch ließ sich's gut schmecken, aber ihr blieb fast jedes Bißlein im Halse. Endlich sprach er: "Ich habe mich sattgegessen und bin müde; nun trag mich in dein Kämmerlein und mach dein seiden Bettlein zurecht, da wollen wir uns schlafen legen." Die Königstochter fing an zu weinen und fürchtete sich vor dem kalten Frosch, den sie nicht anzurühren getraute und der nun in ihrem schönen, reinen Bettlein schlafen sollte. Der König aber ward zornig und sprach: "Wer dir geholfen hat, als du in der Not warst, den sollst du hernach nicht verachten." Da packte sie ihn mit zwei Fingern, trug ihn hinauf und setzte ihn in eine Ecke. Als sie aber im Bett lag, kam er gekrochen und sprach: "Ich bin müde, ich will schlafen so gut wie du: heb mich herauf, oder ich sag's deinem Vater." Da ward sie erst bitterböse, holte ihn herauf und warf ihn aus allen Kräften wider die Wand: "Nun wirst du Ruhe haben, du garstiger Frosch." Als er aber herabfiel, war er kein Frosch, sondern ein Königssohn mit schönen und freundlichen Augen. Der war nun nach ihres Vaters Willen ihr lieber Geselle und Gemahl. Da erzählte er ihr, er wäre von einer bösen Hexe verwünscht worden, und niemand hätte ihn aus dem Brunnen erlösen können als sie allein, und morgen wollten sie zusammen in sein Reich gehen. Dann schliefen sie ein, und am andern Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen herangefahren, mit acht weißen Pferden bespannt, die hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf und gingen in goldenen Ketten, und hinten stand der Diener des jungen Königs, das war der treue Heinrich. Der treue Heinrich hatte sich so betrübt, als sein Herr war in einen Frosch verwandelt worden, daß er drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge. Der Wagen aber sollte den jungen König in sein Reich abholen; der treue Heinrich hob beide hinein, stellte sich wieder hinten auf und war voller Freude über die Erlösung. Und als sie ein Stück Wegs gefahren waren, hörte der Königssohn, daß es hinter ihm krachte, als wäre etwas zerbrochen. Da drehte er sich um und rief:

"Heinrich, der Wagen bricht!" "Nein, Herr, der Wagen nicht, Es ist ein Band von meinem Herzen, Das da lag in großen Schmerzen, Als Ihr in dem Brunnen saßt, Als Ihr eine Fretsche (Frosch) wast (wart)."

Noch einmal und noch einmal krachte es auf dem Weg, und der Königssohn meinte immer, der Wagen bräche, und es waren doch nur die Bande, die vom Herzen des treuen Heinrich absprangen, weil sein Herr erlöst und glücklich war.



Die drei kleinen Schweinchen

Ein Märchen von Joseph Jacobs


Es war einmal eine alte Schweinemutter, die hatte drei kleine Schweinchen, die aßen und aßen, so viel sie nur konnten. Und als sie so groß waren, dass sie in dem Haus, in dem sie wohnten, keinen Platz mehr finden konnten, sagte die Mutter zu ihnen: „Ihr könnt jetzt nicht mehr bei mir bleiben, jedes muss ein Haus für sich selber haben.“ Und sie schickte sie in die weite Welt hinaus.


Das erste Schweinchen begegnet einem Mann mit einem Bund Stroh. Es sagt zu ihm: „Bitte, lieber Mann, gib mir das Stroh, ich will mir ein Haus daraus bauen. „Da sagt der Mann: „Gib mir erst von deinen Borsten, ich will mir eine Bürste daraus machen.“ Nun gibt ihm das Schweinchen von seinen Borsten, der Mann gibt ihm das Stroh und hilft ihm das Haus aufbauen. Vorne hat das Haus eine große Tür und hinten eine kleine Tür. Dann schaut das Schweinchen sein Strohhaus an und singt:


„Ich hab‘ ein schönes Haus von Stroh, ich bin so sicher und so froh. Und kommt der böse Wolf vorbei, dann lache ich, hihi, heihei!“


Das zweite Schweinchen begegnet einem Mann mit einem Bund Holz. Es sagt zu ihm: „Bitte, lieber Mann, gib mir das Holz, ich will mir ein Haus daraus bauen.“ Der Mann aber sagt: „Gib mir erst von deinen Borsten, ich will mir eine Bürste daraus machen.“ Nun gibt ihm das Schweinchen von seinen Borsten, der Mann gibt ihm das Holz und hilft ihm das Haus aufbauen. Vorne hat das Haus eine große Tür und hinten eine kleine Tür. Dann schaut das Schweinchen sein Holzhaus an und singt:


„Ich hab‘ ein schönes Haus von Holz, ich bin so sicher und so stolz. Und kommt der böse Wolf vorbei, dann lache ich, hihi, heihei!“


Das dritte Schweinchen begegnet einem Mann, der zieht einen Karren voll Ziegelsteine. Es sagt zu ihm: „Bitte, lieber Mann, gib mir von den Ziegelsteinen, ich will mir ein Haus daraus bauen.“ Der Mann aber sagt: „Gib mir erst von deinen Borsten, ich will mir eine Bürste daraus machen.“ Das Schweinchen gibt ihm, so viel er davon haben will, und der Mann gibt ihm die Ziegelsteine und hilft ihm das Haus aufbauen. Vorne hat das Haus eine große Tür und hinten eine kleine Tür. Dann schaut das Schweinchen sein Ziegelhaus an und singt:

„Ich hab‘ ein schönes Haus von Stein,

es ist so sicher und so fein. Und kommt der böse Wolf vorbei, dann lache ich, hihi, heiheil“


So lebt nun jedes Schweinchen in seinem eigenen kleinen Haus, und jedes ist glücklich und zufrieden. Da kommt eines Tages der Wolf aus dem Wald, klopft an die große Tür des kleinen Strohhauses und ruft:

„Liebes, gutes kleines Schwein, lass mich doch zu dir hinein.“

Das Schweinchen aber antwortet:

„Bin ganz allein, bin ganz allein, ich lass dich nicht ins Haus herein.“

Da sagt der Wolf:

„lch werde strampeln und trampeln, ich werde husten und prusten und dir dein Haus zusammenpusten.“


Und der Wolf strampelt und trampelt, er hustet und prustet und pustet das ganze Haus zusammen. Aber das kleine Schweinchen ist nicht mehr da. Es ist hinten durch die kleine Tür zum zweiten Schweinchen ins Holzhaus gelaufen.

Da geht der Wolf zum Holzhaus, klopft vorn an die große Tür und ruft:

„Liebes, gutes kleines Schwein, lass mich doch zu dir hinein.“

Das zweite Schweinchen aber antwortet:

„Bin ganz allein, bin ganz allein, ich lass dich nicht ins Haus herein.“


Da sagt der Wolf:

„Ich werde strampeln und trampeln, ich werde husten und prusten und dir dein Haus zusammenpusten.“

Und der Wolf strampelt und trampelt, er hustet und prustet und pustet das ganze Haus zusammen. Aber die zwei kleinen Schweinchen sind nicht mehr da, sie sind hinten durch die kleine Tür zum dritten Schweinchen ins Ziegelhaus gelaufen. Da geht der Wolf zum Ziegelhaus, klopft vorn an die große Tür und ruft:

„Liebes, gutes kleines Schwein, lass mich doch zu dir hinein.“


Das dritte Schweinchen aber antwortet:

„Bin ganz allein, bin ganz allein, ich lass dich nicht ins Haus herein.“

Da sagt der Wolf:

„Ich werde strampeln und trampeln, ich werde husten und prusten und dir dein Haus zusammenpusten.“

Und der Wolf strampelt und trampelt, er hustet und prustet, aber er kann das Haus nicht zusammenpusten.

Da wird er schrecklich zornig und brüllt: „Wart nur, gleich hab‘ ich dich!“

und macht sich daran, durch den Kamin ins Haus zu klettern. Als die drei Schweinchen merken, was der Wolf im Sinne hat, sagt das erste Schweinchen: „Was sollen wir tun?“ Das zweite Schweinchen: „Ich will ein großes Feuer im Kamin anmachen.“ Und das dritte Schweinchen: „Ich will einen großen Topf mit Wasser in den Kamin hängen.“ Das tun sie auch. Nicht lange danach – das Feuer prasselt schon lustig und das Wasser ist gerade am Sieden -, da kommt der Wolf den Kamin herunter, und platsch, plumpst er mitten ins heiße Wasser hinein, und schnell geben die Schweinchen noch einen Deckel darauf. Dann tanzen sie vor Freude um den Kamin herum und singen:

„Der Wolf ist tot, der Wolf ist tot, ein Ende hat die große Not.“

Dann baute sich das erste Schweinchen ein Ziegelhaus und das zweite auch, und fortan lebten alle drei zufrieden und froh.



Rumpelstilzchen

Ein Märchen der Brüder Grimm


Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter. Nun traf es sich, daß er mit dem König zu sprechen kam, und um sich ein Ansehen zu geben, sagte er zu ihm: "Ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen." Der König sprach zum Müller: "Das ist eine Kunst, die mir wohl gefällt, wenn deine Tochter so geschickt ist, wie du sagst, so bring sie morgen in mein Schloß, da will ich sie auf die Probe stellen." Als nun das Mädchen zu ihm gebracht ward, führte er es in eine Kammer, die ganz voll Stroh lag, gab ihr Rad und Haspel und sprach: "Jetzt mache dich an die Arbeit, und wenn du diese Nacht durch bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so mußt du sterben." Darauf schloß er die Kammer selbst zu, und sie blieb allein darin. Da saß nun die arme Müllerstochter und wußte um ihr Leben keinen Rat: sie verstand gar nichts davon, wie man Stroh zu Gold spinnen konnte, und ihre Angst ward immer größer, daß sie endlich zu weinen anfing. Da ging auf einmal die Türe auf, und trat ein kleines Männchen herein und sprach: "Guten Abend, Jungfer Müllerin, warum weint Sie so sehr?" "Ach," antwortete das Mädchen, "ich soll Stroh zu Gold spinnen und verstehe das nicht." Sprach das Männchen: "Was gibst du mir, wenn ich dirs spinne?" - "Mein Halsband," sagte das Mädchen. Das Männchen nahm das Halsband, setzte sich vor das Rädchen, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war die Spule voll. Dann steckte es eine andere auf, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war auch die zweite voll: und so gings fort bis zum Morgen, da war alles Stroh versponnen, und alle Spulen waren voll Gold. Bei Sonnenaufgang kam schon der König, und als er das Gold erblickte, erstaunte er und freute sich, aber sein Herz ward nur noch geldgieriger. Er ließ die Müllerstochter in eine andere Kammer voll Stroh bringen, die noch viel größer war, und befahl ihr, das auch in einer Nacht zu spinnen, wenn ihr das Leben lieb wäre. Das Mädchen wußte sich nicht zu helfen und weinte, da ging abermals die Türe auf, und das kleine Männchen erschien und sprach: "Was gibst du mir, wenn ich dir das Stroh zu Gold spinne?" "Meinen Ring von dem Finger," antwortete das Mädchen. Das Männchen nahm den Ring, fing wieder an zu schnurren mit dem Rade und hatte bis zum Morgen alles Stroh zu glänzendem Gold gesponnen. Der König freute sich über die Maßen bei dem Anblick, war aber noch immer nicht Goldes satt, sondern ließ die Müllerstochter in eine noch größere Kammer voll Stroh bringen und sprach: "Die mußt du noch in dieser Nacht verspinnen: gelingt dir's aber, so sollst du meine Gemahlin werden." - "Wenn's auch eine Müllerstochter ist," dachte er, "eine reichere Frau finde ich in der ganzen Welt nicht." Als das Mädchen allein war, kam das Männlein zum drittenmal wieder und sprach: "Was gibst du mir, wenn ich dir noch diesmal das Stroh spinne?" - "Ich habe nichts mehr, das ich geben könnte," antwortete das Mädchen. "So versprich mir, wenn du Königin wirst, dein erstes Kind." - "Wer weiß, wie das noch geht," dachte die Müllerstochter und wußte sich auch in der Not nicht anders zu helfen; sie versprach also dem Männchen, was es verlangte, und das Männchen spann dafür noch einmal das Stroh zu Gold. Und als am Morgen der König kam und alles fand, wie er gewünscht hatte, so hielt er Hochzeit mit ihr, und die schöne Müllerstochter ward eine Königin. Über ein Jahr brachte sie ein schönes Kind zur Welt und dachte gar nicht mehr an das Männchen: da trat es plötzlich in ihre Kammer und sprach: "Nun gib mir, was du versprochen hast." Die Königin erschrak und bot dem Männchen alle Reichtümer des Königreichs an, wenn es ihr das Kind lassen wollte: aber das Männchen sprach: "Nein, etwas Lebendes ist mir lieber als alle Schätze der Welt." Da fing die Königin so an zu jammern und zu weinen, daß das Männchen Mitleiden mit ihr hatte: "Drei Tage will ich dir Zeit lassen," sprach er, "wenn du bis dahin meinen Namen weißt, so sollst du dein Kind behalten." Nun besann sich die Königin die ganze Nacht über auf alle Namen, die sie jemals gehört hatte, und schickte einen Boten über Land, der sollte sich erkundigen weit und breit, was es sonst noch für Namen gäbe. Als am andern Tag das Männchen kam, fing sie an mit Kaspar, Melchior, Balzer, und sagte alle Namen, die sie wußte, nach der Reihe her, aber bei jedem sprach das Männlein: "So heiß ich nicht." Den zweiten Tag ließ sie in der Nachbarschaft herumfragen, wie die Leute da genannt würden, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten Namen vor "Heißt du vielleicht Rippenbiest oder Hammelswade oder Schnürbein?" Aber es antwortete immer: "So heiß ich nicht." Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte: "Neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein und schrie:

"Heute back ich, Morgen brau ich, Übermorgen hol ich der Königin ihr Kind; Ach, wie gut ist, daß niemand weiß, daß ich Rumpelstilzchen heiß!"

Da könnt ihr denken, wie die Königin froh war, als sie den Namen hörte, und als bald hernach das Männlein hereintrat und fragte: "Nun, Frau Königin, wie heiß ich?" fragte sie erst: "Heißest du Kunz?" - "Nein." - "Heißest du Heinz?" - "Nein." - "Heißt du etwa Rumpelstilzchen?" "Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt," schrie das Männlein und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde, daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wut den linken Fuß mit beiden Händen und riß sich selbst mitten entzwei.


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